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Besuch bei Ikea in Taipeh

Ikea aussen

Da weiß man, was man hat

Gestern habe ich so etwas wie einen umgekehrten Kulturschock erlitten. Und zwar bei IKEA in Taipeh.

Ikea aussen

Mich interessierte: Was ist bei IKEA in Taiwan anders als im fast 10.000 km entfernten Deutschland?

Zum Beispiel das: Man muss nicht in irgendein Gewerbegebiet fahren. In Taipeh findet sich IKEA im Untergeschoss eines großen Einkaufzentrums mitten im Stadtzentrum, umgeben von Büropalästen, Edelshops und Restaurants. Der Markt ist ca. zwei Nummern kleiner als die blauen Klötze bei uns, das heißt: Der Rundgang geht fix. Vermisst habe ich bis auf die Büromöbel und die große Abhol-Lagerhalle trotzdem nichts.

Auch lesen: Warum das Ikea in Taipeh das in Hamburg-Altona schlägt

Gleich am Eingang stehen Angestellte und drücken Kunden die gelben Taschen in die Hand. Ob das die neuen Jobs sind, auf die wir uns dank Niedriglöhnen auch in Deutschland freuen dürfen?

Ikea Eingang

Dann machte leider mein Kamera-Akku schlapp. Alles Folgende musste ich mit dem Handy aufnehmen, daher die nicht so tolle Bildqualität.

Die nächste kleine Abweichung: Es gibt nicht nur gelbe Tragetaschen, sondern auch gelbe Sackkarren. Für den etwas größeren Einkauf.

Ikea Sackkarren

Doch kaum hatte ich ein paar Schritte in die Möbelausstellung gemacht, war es vorbei mit den Unterschieden. Bei IKEA, ob in Taipeh oder Hamburg-Schnelsen, gibt es offenbar nicht nur überall die gleichen Sachen mit den gleichen skandinavischen Namen – sie werden auch überall auf die gleiche Art und Weise angeboten.

So freut sich auch die Kleinfamilie aus Taiwan über Sofa, Couchtisch & Co in ihrer Musterwohnung.

Ikea Wohnung

Ich könnte wetten, auf dem roten Schild steht „Willkommen in unserem Zuhause“. Das versuche ich noch rauszufinden.

Womit ich eigentlich gerechnet hatte, ist mir auch nicht klar (Feng Shui? Drachenmuster? Bambus?). Auf jeden Fall nicht mit dieser völligen Austauschbarkeit.

Ikea Familie

Ikea Schränke

Was ich von diesem Besuch mitgenommen habe (außer einer Pinnwand und einer Lampe): IKEA tut so, als wären alle Menschen gleich. Überall. Als hätten sie überall die gleichen Wünsche, den gleichen Geschmack. Damit sind die Schweden natürlich nicht alleine. McDonald’s, Starbucks und wie sie alle heißen – in einer Art self-fulfilling prophecy schaffen sie es durch ihre Marktmacht und Verführungskraft, bei vielen Menschen überall auf der Welt tatsächlich die selben (Konsum-)Wünsche zu wecken.

Was war zuerst da – IKEA oder die Sehnsucht nach einer Wohnung im IKEA-Stil? McDonald’s oder das Bedürfnis nach einem Big Mac? Starbucks oder der Wunsch, viel zu lauwarmen Kaffee für viel zu viel Geld aus viel zu klobigen Bechern zu trinken?

Mein kleiner Ausflug in Sachen angewandter Globalisierung fand seinen Höhepunkt im IKEA-Restaurant, wo ich bei Kaffee und schwedischer Mandeltorte mit Taiwanern an einem Tisch saß, die Bratwurst mit Sauerkraut aßen.

Ikea Restaurant

Später am Abend traf ich dann jemanden, der noch mehr zu berichten wusste. Günter Whittome hat in Hamburg studiert und lebt seit vielen Jahren in Taipeh. Hier arbeitet er als Übersetzer, betreibt eine Taiwan-Info-Website und hat den bislang wohl einzigen deutschen Kompakt-Reiseführer über Taiwan geschrieben. Ich hatte das Glück, neben ihm auch seine Frau und Tochter kennen zu lernen. Da ich dank Akku-Schwäche leider kein vernünftiges Foto mehr machen konnte, werde ich ihn bei nächster Gelegenheit ausführlicher vorstellen. Sollte er dies lesen: Vielen Dank für den schönen Abend!

Ikea Zeichnung

Günter jedenfalls erzählte, dass IKEA in Taiwan als etwas Besonderes gilt. Vor allem junge Familien geben schon mal etwas mehr aus, um ihre Wohnung im „europäischen Stil“ einzurichten. Und das Restaurant gilt als besondere Attraktion, denn es ist für viele Taiwaner die einzige Möglichkeit, zu erschwinglichen Preisen europäisch zu essen. Die meisten „westlichen“ Restaurants richten sich an Geschäftsreisende etc. und sind entsprechend teuer.

Und so ist es in Taipeh am Wochenende wohl schwer, im IKEA-Restaurant einen Platz zu bekommen, denn dann erkunden dort zahlreiche taiwanische Familien den Geschmack von Köttbullar & Co.

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

13 Antworten

  1. In Spanien sind die Leute auch verrueckt nach Ikea. Hier wurden im Eroeffnungsmonat ueber 10.000 Matratzen verkauft. Irgendwie kollidiert hier eigentlich die typische vollgestellte Wohnung, mit den dunklen schnoerkeligen Moebeln mit der skandinavischen Einrichtungsphilosophie von Ikea. Es scheint dem Erfolg on Ikea keinen Abbruch zu tun – eher im Gegenteil und ausserdem kommt billig auch hier immer gut an. Und wenn was aus dem noerdlichen Ausland kommt dann muss es auch besonders sein… Globalisation scheint ueberall aehnlich Prinzipien zu haben…

  2. Es lohnt sich doch immer, wenn man jemanden fragt, der sich mit so was auskennt! Danke für die Auflösung.

    Präsidentschaftswahl – dazu kommt hier garantiert bald was…

  3. Hallo Klaus,
    muss mich dem hier schon mal aufgetauchten Lob anschließen, Du bist echt fleißig. Was IKEA angeht, so ist die Filiale, wo Du warst (Taipei „Asiaworld“) die erste Taiwans. Inzwischen gibt es eine weitere in Hsinchuang (ca. 20 südwestlich von Taipei), ein echt riesiger Markt außerhalb der Stadt und ganz im Süden in Kaohsiung gibts auch einen neuen.
    Was die Auflistung Taiwans angeht, so verhalten sich viele internationale Firmen inzwischen so: die Taiwan Website ist nicht mehr mit der internationalen Website des Unternehmens verlinkt. So stoßen die chinesischen User gar nicht mehr drauf und dem Unternehmen bleiben Proteste aus China erspart, wenn „Taiwan“ in einer „Länderliste“ auftaucht (da Taiwan ja – aus chinesischer Sicht – kein „Land“ ist). Nach http://www.ISO.org wäre die „korrekte“ Bezeichnung „Taiwan, Province of China“ (!), dafür hat die Volksrepublik gesorgt. Auf manchen Websites findet man in der Länderauswahl diese Bezeichnung, die dann wiederum für Proteste aus Taiwan sorgt. Die taiwanesische Regierung hat übrigens – ich glaube in der Schweiz – vor Gericht gegen diese diskriminierende Bezeichnung geklagt. Ein Urteil soll in nächster Zeit gesprochen werden. Das wird spannend! Aber am spannendsten ist erstmal die Präsidentschaftswahl am 22. März.

  4. Hmmm, die Stäbchen muss ich übersehen haben. Gibt’s wahrscheinlich im Hunderter-Pack.

    Der Schweden-Shop ist da, wo er hingehört – komplett mit Graved-Lachs, rundem Knäckebrot und allem Drum und Dran. Hot Dogs gibt’s auch, allerdings à la Schweden – also ohne Gürkchen und Zwiebeln. Wäre vielleicht zu exotisch für den taiwanischen Geschmack…

  5. Dank Corporate Identity bietet IKEA weltweit ein nahezu identisches Sortiment an. Angeblich gibt es wenige Ausnahmen wie Esstäbchen in Asien oder Kingsize-Betten in den USA.

    Gibt es in Taipeh auch den vielgerühmten Schweden-Shop und gibt es gleich daneben einen Stand mit Hot Dogs? Die sind bei IKEA in Deutschland unschlagbar. In Schweden längst nicht so gut. Da gibt es keine Gürkchen und geröstete Zwiebeln.

    1. Tja, ich weiss auch nicht so recht, ob ich’s vorrangig erschreckend finde, oder mich doch eher freue, dass in meinem taiwanesischen Wohnzimmer die exakte Kopie des Beddinge Sofas aus meinem ehemaligen deutschen Wohnzimmer steht. Wenn ich mich nicht irre, ist das das einzige Bett im Sortiment des taiwanesischen IKEA, dass nicht auf 1,90 gestutzt wurde….

  6. Stimmt, wird dort nicht aufgeführt… wie auch die vier weiteren Filialen in Taiwan. Vielleicht will IKEA die Volksrepublik China nicht verärgern, indem es „Taiwan“, „Republik China“ o.ä. quasi gleichberechtigt in einer Länder-Liste aufführt. Was mich dran erinnert: Ich muss dringend was über die politische Situation bloggen…

    Vielleicht werden die Filialen auch von einem Franchise-Nehmer betrieben:

    The IKEA Group owns 242 IKEA stores in 24 countries and during FY08 plans to open about 23 new stores.

    In total there are 273 IKEA stores in 40 countries / territories. The other stores are owned and run by franchisees outside the IKEA Group in 16 countries / territories.

  7. Ist ja lustig! Der Kerl auf dem untersten Foto sieht ja aus wie das HB-Männchen…

    Ein Freund wollte seinerzeit in den neuen IKEA in Tokio, aber die Leute sind einen Kilometer oder so (!) angestanden, dann hat er’s lieber gelassen. Hat wohl nicht allzu viel versäumt, wie es aussieht. Hier gibt’s übrigens gar keine Würstel mit Sauerkraut.

    Als Ikea relativ neu in San Diego war, fragte mich ein Verwandter, ob wir das hier auch hätten. Da ich zufällig kurz zuvor nachgeforscht hatte, konnte ich kontern: Ja, seit 1974. 🙂 Übrigens sind die Filialen deutlich unterschiedlich in ihrer Größe:

    Brunnthal (bei uns) (2003): 37.700 m2
    Eching (auch in München) (1974): 32.300 m2
    San Diego (2000): 17.700 m2 (hö-hö!)
    Stockholm (1965): 55.200 m2 (Schluck!)

    Taiwan steht übrigens noch gar nicht in der Liste…

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