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Rettet die Schmetterlinge!

Schmetterlingsschild

Wahrscheinlich war es ein cleverer Tourismus-Experte, der den Spruch aufbrachte, Taiwans Ziel sei es, die „Schweiz Asiens“ zu werden. Sauber, friedlich, wohlhabend. Der Sieger der Präsidentenwahl, Ma Ying-jeou, hat das übernommen: Taiwan als „die Schweiz, nicht das Kuba Asiens“. (Ob er bedacht hat, dass die Schweiz sich auch über ihre Unabhängigkeit definiert?)

Eine wichtige Rolle bei dieser Image- und Lebensverbesserungsinitiative spielt der Umweltschutz. Da ist in den vergangenen 10, 15 Jahren einiges passiert. Schutzgebiete wurden ausgewiesen, U-Bahnen gebaut, Flüsse gereinigt. Auch Klimaschutz ist ein Thema: Demnächst sollen herkömmliche Glühlampen vom Markt verschwinden, wie in Australien.

Und wenn die Menschen hier erst mal etwas angepackt haben, dann ziehen sie es offenbar auch durch. So beginnt Umweltschutz schon im ganz Kleinen. Etwa mit diesen Schmetterlingen.

Schmetterling Hand Gesicht

Das ist ein „Purple Milkweed Butterfly“. Ein ganz besonderer Schmetterling, denn er zieht jedes Jahr in großen Schwärmen von Norden nach Süden, wie Zugvögel. Also ein Zugschmetterling. Das tun wohl nur zwei Arten auf der Welt – eine in Mexiko, eine in Taiwan (Nachtrag: stimmt so nicht ganz, sh. Kommentar unten).

Diese Schmetterlinge sind gefährdet, die Taiwaner wollen was dagegen tun, und damit die ganze Welt (also Ihr) mitbekommt, wie ernst sie das Thema Umwelt- und Artenschutz nehmen, haben sie eine Gruppe internationaler Journalisten (also uns) im Reisebus nach Yunlin transportiert. Das liegt mehr als drei Stunden südlich von Taipeh. Aufbruch im Morgengrauen.

Dort haben uns Wissenschaftler und Leute von der Autobahnbehörde die Lage erklärt. Denn die Autobahn, hinten im Bild, ist das Problem. Sie wurde vor fünf Jahren gebaut und liegt genau auf der Route, die jedes Jahr hunderttausende von Schmetterlingen zurücklegen, auf dem 300 km langen Rückflug von ihrem Winterquartier im Süden Taiwans (ein Tal, in dem es auch im Winter im Durchschnitt 22 Grad warm ist).

Schmetterling Autobahn Gruppe

Autos sind härter als Schmetterlinge, und 2005 hat man gezählt, dass bis zu 10.000 Tiere pro Tag an Windschutzscheiben verendeten. Bei einer Gesamt-Population von 1,5 Millionen fällt das schon ins Gewicht.

Der Wissenschaftler Chan Chia-Lung (oben, mit dem Schmetterling in der Hand) schlug Alarm und fand bei der Autobahnbehörde offenbar Leute, die bereit waren, etwas zu tun. Ob aus Überzeugung oder weil es gute PR ist – heute sagt jedenfalls der Chef der Behörde: „Human beings need to coexist with other species even if they are tiny butterflies.“ Dafür nehme er sogar Verkehrsstaus in Kauf, denn bei besonders starkem Schmetterlings-Andrang soll die Fahrbahn in einer Richtung komplett gesperrt werden.

Schmetterling gross

Zusammen mit den Schmetterlings-Rettern hat die Autobahnbehörde vergangenes Jahr begonnen, einige Schutzmaßnahmen zu treffen, um die Zahl der getöteten Schmetterlinge zu reduzieren.

Zum Beispiel haben sie entlang der Autobahn einen mehrere hundert Meter langen und vier Meter hohen Zaun aufgestellt an der Stelle, wo die meisten Schmetterlinge durchkommen. Die werden so gezwungen, zunächst aufzusteigen, und überqueren dann die Fahrbahn in sicherer Höhe.

Schmetterling Autobahn

Noch sicherer ist der Weg unter der Autobahn hindurch. Weil aber die Schmetterlinge diesen Weg als zu dunkel empfinden und wieder umdrehen, sollen UV-Lampen sie anlocken und überlisten. Das ist aber offenbar noch nicht ganz ausgereift – nur ein Prozent der Tiere nimmt diesen Weg.

Schmetterling Autobahn Lampen

Insgesamt soll aber bereits jetzt erreicht sein, dass die Zahl der getöteten Tiere von 10.000 auf 1600 pro Tag gesunken ist. Das wird mit automatischen Kameras und Computerauswertung geschätzt.

Mehr als 11.000 Schmetterlinge in der Minute kommen hier durch, wenn der Andrang besonders groß ist. Dieser Anblick hat sich uns leider nicht geboten – es war nicht sonnig genug, die großen Schwärme ließen sich nicht sehen.

Ein paar einzelne Tiere gab es, die von Schülern (butterfly volunteers) mit Netzen eingefangen wurden, damit die Presse was zu gucken hat.

Schmetterling Maedchen

Dann wurden sie mit einer Art Filzstift markiert, damit sich ihr Weg später nachverfolgen lässt – so, wie Zugvögel beringt werden. Und danach wieder freigelassen.

Schmetterling Maedchen markieren

Es war auch eine BBC-Journalistin dabei, die mit Videokamera und Ton-Aufnahmegerät als Ein-Mann-Team für TV und Radio gearbeitet hat. Die hatte ganz gut zu tun. Leider habe ich auf der BBC-Website keine Beiträge gefunden, nur diese Meldung.

Schließlich hat unser kleines Pressekorps sich wieder auf den Rückweg gemacht – im dezent gehaltenen Reisebus.

Schmetterling Bus

Auf der Rückfahrt an der Raststätte noch eine Beobachtung aus der Abteilung „Was es nicht alles gibt“: Händewaschen richtig gemacht.

Schild Haendewaschen

Wet – Rub – Rinse – Clean – Wipe

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

4 Antworten

  1. Es ist prima zu lesen, dass jetzt auch in einigen Teilen Asiens der Natur- und Umweltschutz ernster genommen wird (die hatten ja eine Weile hinterhergehinkt, und haben auch noch viel zu tun).

    Die Wanderung der anderen Schmetterlingsart, die Klaus erwaehnt, ist auf http://en.wikipedia.org/wiki/Monarch_butterfly
    eindrucksvoll beschrieben.

    Viele Schmetterlingsarten wandern uebrigens, nur nicht ganz so weit wie der beruehmte Monarchfalter.

    Zum Schutz der Art scheint mir doch der Zaun die vernuenftigste Loesung. Am allerwichtigsten ist natuerlich immer der Schutz der Lebensraeume; solange die intakt sind, wuerde der Verlust durch den Verkehr immer wieder kompensiert werden.

  2. Hoffentlich seid ihr auch in „Präsidentensesseln“ (總統座椅)gesessen, bei manchen Busunternehmen sind das sogar Massagesessel. Aber bitte in der richtigen Richtung durchwalken lassen, sonst kommst Du nicht entspannt, sondern gerädert an…
    Von dem Tal, wo die Schmetterlinge überwintern, hab ich auch schon gehört. Muss im Schutzgebiet Maolin sein.

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