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„Kannst Du mir mal kurz Chinesen erklären?“

Per Mail erreichte mich kürzlich dieser Hilferuf aus Deutschland:

Im Angesicht dessen, dass vermutlich bald ein chinesischer Großaktionär bei uns einsteigt, ist unter den Kollegen das Interesse an der (Kommunikations-) Kultur und Sprache gestiegen.

Könntest Du mir ein paar Eigenarten nennen, die beim Kontakt mit Chinesen für uns Europäer
als unkonventionell gelten und vielleicht auch etwas über den Aufbau der Sprache sagen?

Nun lebe ich zwar in Taiwan und nicht in China, aber natürlich gibt es zwischen beiden Ländern eine Menge kulturelle Gemeinsamkeiten – genauso wie große Unterschiede. Was ich also einigermaßen spontan (und hoffentlich nicht zu konfus) als Antwort zusammengeschrieben habe, bezieht sich auf China, wird aber z.T. gespeist durch meine Erfahrungen in Taiwan.

Generalisierungen bringen es immer mit sich, dass man vielen nicht gerecht wird. Ich bitte um Nachsicht, falls meine Stichpunkte zu holzschnittartig ausgefallen sind. Es gibt sind natürlich schon viele Bücher zu genau diesen Themen geschrieben worden, über kulturelle Differenzen zwischen China und dem Westen im Allgemeinen, und auch im Hinblick auf Business.

Ganz unbedingt empfehlen kann ich „Ost trifft West“, denn dieses Buch erklärt wichtige Punkte ganz ohne Worte, nur mit brillanten Piktogrammen. Das ist nicht nur aufschlussreich, sondern auch unterhaltsam, und wird sicher auch allen Kollegen gefallen.

Zur Vorbereitung auf Taiwan habe ich damals u.a. den „China-Knigge“ gelesen, der auch viele lohnenswerte Kapitel enthält.

In der Kommunikation zwischen Deutschen und Chinesen kommt es häufig zu Missverständnissen, wenn Deutsche Probleme direkt ansprechen und Kritik offen aussprechen. Chinesen dagegen pflegen eine indirekte Kommunikation, mit Andeutungen. Das wirkt auf Deutsche oft ineffizient und umständlich.

Ganz zentral ist das Konzept des „Gesichtsverlusts“, was so viel bedeutet wie „Blamage, Bloßstellung“. Das muss unter allen Fällen vermieden werden – bei sich selbst und bei anderen. Man kritisiert daher nie andere in der Öffentlichkeit, und man verliert auch nie die Fassung.

Schließlich definieren Chinesen sich viel mehr über die Zugehörigkeit zu Kollektiven: Familie, Firma, Nation. Das führt dazu, dass Chinesen im Ausland sich primär als Botschafter ihres Landes verstehen, und Kritik dementsprechend als Kritik an China auffassen könnten. Chinesische Journalisten zum Beispiel würden im Westen nie ein kritisches Wort über die eigene Regierung verlieren.

Etikette-Falle Nr. 1 beim Treffen mit Chinesen: Immer eigene Visitenkarten dabei haben, mit beiden Händen überreichen und entgegennehmen, aufmerksam studieren, ggf. kurzen Kommentar oder Nachfrage, und dann offen auf den Tisch legen, keinesfalls unachtsam in die (Gesäß-)Tasche stecken. Visitenkarten repräsentieren das „Gesicht“ ihres Inhabers.

(Firmen-) Gäste werden auf jeden Fall so früh wie möglich persönlich in Empfang genommen und am Ende auch so weit wie möglich geleitet, also bis zum Auto etc. Zumindest anbieten muss man das.

Das Gegenüber möglichst mit Titel ansprechen, also „Herr Vorstandsvorsitzender Lin“, „Dr. Zhang“ etc.

DIE CHINESISCHE SPRACHE

Chinesisch hat für Deutsche einen großen Vorteil: Die einfache Grammatik. Und zwei Schwierigkeiten: Die Aussprache und die vielen Schriftzeichen.

Es gibt zehntausende Zeichen. Ca. 5000 muss man kennen, um Zeitung zu lesen und nicht als Analphabet zu gelten.

Jedes Schriftzeichen entspricht einer Silbe, z.B. „zhuang“, „di“, „ruo“, „jing“ etc.

Ein Wort kann aus einer, zwei oder (selten) drei und mehr Silben bestehen. Es gibt Nomen, Verben, Adjektive, Pronomen etc.

Manche Schriftzeichen ähneln dem Gegenstand, den sie beschreiben, quasi wie Hieroglyphen:
人 Person, Mensch
木 Holz, Baum
林 Wald
水 Wasser
山 Berg
大 gross
小 klein

…aber die allermeisten sind abstrakt.

CHINESISCHE NAMEN

Der Nachname hat in 99,9% der Fälle nur eine Silbe, der Vorname zwei oder (in der VR häufig) auch nur eine. Wenn ein Name also z.B. Hu Jintao oder Mao Zedong lautet, ist das Einsilbige auf jeden Fall der Nachname, das Zweisilbige der Vorname. Normalerweise steht der Nachname zuerst auf Karten usw., es kann aber sein, dass er „vorauseilend“ für Westler nach hinten gerückt wird, oder GROSS geschrieben.

In der Grammatik gibt es keine Fälle oder Flexionen, die Endungen der Nomen, Verben etc. ändern sich also nicht.
„Morgen gehe ich mit Dir Schwimmen“ wird also so ausgedrückt:
morgen – ich – wollen – mit – du – gehen – schwimmen

Wer sich ernsthaft für Chinesisch interessierst, für den könnte chinesepod.com interessant sein. Die Anfängerlektionen dort müsste man noch immer gratis runterladen können.

Ich hoffe, das Ergebnis meines kurzen Brainstormings ist nicht gar zu oberflächlich oder stereotyp geraten, und freue mich auf konstruktive Hinweise und interessante Links.

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

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