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Todesstrafe in Taiwan: Neue Hinrichtungen

Taipei Prison: Gefängnis

Alle Jahre wieder: Taiwan vollstreckt Todesurteile

In Taiwan sind gestern (Freitag, 21. Dezember 2012) sechs Häftlinge hingerichtet worden. Damit dürfte die Regierung beim Großteil der Bevölkerung Pluspunkte gesammelt haben, denn die Mehrzahl der Taiwaner befürwortet die Todesstrafe. Dass Taiwan damit sein internationales Image beschädigt, scheint zweitrangig.

Im Jahr 2010 hatte Taiwans Regierung nach einem mehrjährigen Moratorium wieder begonnen, Todesurteile zu vollstrecken. Dazu hatte ich diesen Bericht im Deutschlandfunk veröffentlicht: Rückschritt in Sachen Menschenrechte

Im Jahr 2010 wurden vier Häftlinge hingerichtet (per Schuss ins Herz), 2011 waren es fünf, nun sechs. Ich denke, da kann man von einem Trend sprechen.

Wie kam es dazu? Streit um Todesstrafe in Taiwan, mein Blogeintrag von 2010

Aktuell sitzen in Taiwan noch 55 Häftlinge im Todestrakt.

 

Diagramm: Morde und Hinrichtungen Taiwan

 

Ein grausamer Mord polarisiert die Diskussion

Ein Auslöser für den Vollzug der jüngsten Hinrichtungen dürfte ein besonders grausamer und Aufsehen erregender Fall aus Tainan sein: Der Täter hatte einem Zehnjährigen die Kehle durchgeschnitten – angeblich, um sich so eine bequeme Gefängniszelle auf Lebenszeit zu sichern. „In Taiwan wird man sowieso nicht mehr hingerichtet, selbst wenn man einen oder zwei Menschen tötet“, soll er gesagt haben.

Kein Wunder, dass eine Empörungswelle folgte und viele Taiwaner forderten, die Todesstrafe auf keinen Fall abzuschaffen.

Auf Chinasmack wurden einige Reaktionen übersetzt: Child’s Death Rallies Support for Death Penalty in Taiwan

Internationale Kritik an der Todesstrafe in Taiwan

International aber beschädigen die Hinrichtungen Taiwans Image. Zwar werden oft die USA und Japan als Beispiele für  Demokratien mit Todesstrafe genannt, aber gerade aus europäischer Sicht bietet Taiwans Todesstrafe immer wieder Anlass für Kritik.

Zwei Juristen aus Deutschland und Österreich, die Professoren Eibe Riedel und Manfred Nowak, wurden von Taipei gebeten, Taiwans offiziellen Menschenrechts-Bericht zu prüfen. Vor wenigen Wochen hatten sie die Regierung gebeten, vor ihrem Besuch im Februar keine Hinrichtungen mehr durchzuführen. Ich bin gespannt, welche Auswirkungen die jüngsten Entscheidungen auf ihre Arbeit haben werden.

Nach den fünf Hinrichtungen Anfang 2011 hat sich sogar die Bundesregierung offiziell zu Taiwan geäußert, was ja selten vorkommt. Der Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt, Markus Löning, sagte damals:

Ich verurteile die Hinrichtungen scharf. Taiwan habe ich immer als  ein positives Beispiel für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit  angesehen. Umso schlimmer ist es, dass von Taiwan nun ein solch negatives Signal ausgeht.

 

Nun ist solche Kritik aus der EU an Taiwan ja nicht ganz frei von Heuchelei, denn durch ihre Ein-China-Politik unterstützen die europäischen Regierungen nicht gerade Taiwans demokratische Entwicklung. Das Land meist zu ignorieren und diplomatisch kaltzustellen, in solchen Fällen aber die Moralkeule zu schwingen, ist keine geschickte Strategie.

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Taipei Prison: Gefängnis

 

Unschuldige als Opfer

Auch nach Ende von Taiwans Diktatur gab es Fälle, in denen nachgewiesenermaßen Menschen im Namen des Gesetzes zu Unrecht getötet wurden. Vor knapp zwei Jahren kam heraus, dass noch 1997 ein Unschuldiger hingerichtet worden war.

Oft wurden solche „Geständnisse“ per Folter erpresst. Noch immer sitzen in Taiwan Häftlinge im Todestrakt, deren Schuld nicht unumstritten ist. Auch sie könnten jederzeit hingerichtet werden. So startete Amnesty International kürzlich eine Kampagne, um auf den Fall von Chiou Ho-shun aufmerksam zu machen.

Die jüngsten Hinrichtungen kritisierte Amnesty International in diesem Statement:

Taiwan provides no procedure that would allow people on death row to seek a pardon or for the sentence to be commuted – a right recognized by the International Covenant on Civil and Political Rights, which the Taiwanese parliament has voted to implement.

Family members are not informed about scheduled executions in advance. They only find out when they are invited to collect the body from the mortuary.

In addition, serious fair trial concerns have marked the imposition of the death penalty in Taiwan.

 

In eigener Sache

Meine persönliche Meinung zu dem Thema hatte ich schon vor längerer Zeit in einem Leserbrief an die Taipei Times dargelegt.

In Kürze: Einen Verbrecher zu töten, kann kein verlorenes Leben zurückbringen. Aber einen Unschuldigen zu töten, zerstört weitere Leben. Nämlich die seiner Angehörigen. Weil Fehlurteile niemals völlig ausgeschlossen werden können, halte ich die Todesstrafe für falsch.

Wenn jemand eine andere Meinung hat, respektiere ich das. Ein Forum werde ich Befürwortern der Todesstrafe aber hier in den Kommentaren nicht bieten.

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

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