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Taiwan von oben: Dieser Film öffnet auch Ihnen die Augen

Taiwan von oben Filmplakat

Ein ganz besonderer Dokumentarfilm bewegt Taiwan – und mich

Schon mal vom Film „Die Nordsee von oben“ gehört? Letztes Jahr lief er viele Monate in ausgewählten Kinos meiner niedersächsischen Heimat. Die Filmemacher hatten die Nordseeküste abgeflogen und außer beeindruckenden Luftaufnahmen (Trailer) auch beunruhigende Botschaften mitgebracht: Ölplattformen etwa dürfen mitten im geschützten Wattenmeer bohren.

Stellen sie sich so einen Film vor, mit atemberaubenden Bergen statt norddeutschem Flachland, und zugleich mit zig-mal schlimmeren Umweltproblemen, und Sie haben einen Eindruck von dem außergewöhnlichen Dokumentarfilm, der in Taiwans Kinos seit Monaten Kassenrekorde bricht. „Beyond Beauty: Taiwan From Above“ ist der englische Titel, also „Jenseits der Schönheit“.

Und tatsächlich bietet er viel mehr als die üblichen Hochglanz-Tourismuswerbevideos. Das macht seinen Erfolg um so bemerkenswerter.

Der Film (Trailer) beginnt mit minutenlangen Hubschrauberflügen über Taiwans majestätische Bergwelt. Auf dieser kleinen Insel finden sich 200 Gipfel, die über 3000 Meter aufragen, also höher als die Zugspitze. Menschen tauchen nur als Ameisen-kleine Punkte auf.

Dann rücken sie mehr und mehr ins Bild: Als Fischer, Bauern, schließlich mit Straßen und Städten.

Die Schattenseiten des Wachstums

Der Tonfall ändert sich komplett: Als Folge von Überbevölkerung und Jahrzehnten des Raubbaus ist Taiwans Natur vielerorts bedroht oder bereits zerstört.

Dabei führt oft Eins zum Anderen. Beispiel:

  • Menschen holzen Berghänge ab, um Tee oder Gemüse anzubauen.
  • Da als Folge des Klimawandels der Regen immer heftiger fällt, kommt es zu Erdrutschen, die ganze Dörfer verschütten.
  • Anschließend müssen Bergflanken mit Beton befestigt werden.
  • Die Zementindustrie wiederum zerstört die Landschaft weiter und verbraucht extrem viel Energie.
  • Das größte Kohlekraftwerk der Welt verpestet in Taiwan die Luft, pustet Unmengen CO2 in die Atmosphäre und trägt damit zum extremeren Wetter bei.

Und so weiter.

Wer diesen Film in Taiwan sieht, ist hin- und hergerissen zwischen Staunen über die Schönheit dieses Fleckens Erde und Entsetzen darüber, was ungebremstes Wirtschaftswachstum, Kurzsichtigkeit und Profitgier angerichtet haben.

Lesetipp (englisch): Was der Film über Taiwans Gesellschaft sagt

Umweltschützer kennen die Zusammenhänge seit langem, aber der Film schafft, was kein Appell erreichen kann: Er zeigt die Probleme auf der großen Leinwand, statt nur davon zu reden.

Ein Regisseur glaubt an sein Projekt

Möglich wurde dieser Überraschungserfolg, der in Taiwan bereits mehr Geld eingespielt hat als der neue „Superman“-Film, weil ein Mann nicht locker ließ: Regisseur Chi Po-lin flog früher als Fotograf im Auftrag der Regierung über Taiwan.

Was er auf seinen offiziellen Luftaufnahmen sah, ließ ihn nicht mehr los. Er kündigte seinen sicheren Job, nahm einen Kredit auf seine Wohnung auf und verbrachte Jahre damit, diesen Film zu drehen. Dass er so einschlagen würde, hatte Chi wohl selbst nur in seinen kühnsten Träumen erwartet.

Politiker sehen „Beyond Beauty: Taiwan From Above“ (看見台灣)

Es gab schon eine Sondervorführung für Taiwans Regierungskabinett, Präsident Ma sah den Film, und Behörden wurden abgewiesen, den Missständen nachzugehen. Hoffentlich sind das nicht nur Lippenbekenntnisse, und der Film bewegt auch Politiker und Industrielle ein Stück weit zum Umdenken. Höchste Zeit ist es nämlich.

Taiwan von oben Filmplakat

Ich hoffe, dass ich den Film eines Tages in Deutschland vorstellen kann. Er hätte es verdient, dass ein mutiger Verleih ihn in die Kinos bringt. Und nur auf einer großen Leinwand entfaltet er seine volle Wirkung.

Was denken Sie? Ist Taiwans Umweltbewegung auf einem guten Weg, oder gilt eher „business as usual“?

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

Eine Antwort

  1. Der Film zeigt einige der wichtigsten Probleme, gibt aber wenige Loesungsvorschlaege, was das Problem vieler Umweltdokumentationen ist (siehe z.B. die Loesungsvorschlaege in Al Gore’s „An inconvenient truth“, die hinten drangeklatscht wurden). Einige relevante Loesungsvorschlaege wurden ja auch von mir schon gemacht, aber wie fast immer wird es ignoriert von den Maechtigen, die sich nur um ihre Wiederwahl und/oder Rente sorgen:

    http://michaelturton.blogspot.com/2010/11/interview-with-dr-bruno-walther.html

    Preserving our environment (11 November 2009)
    http://www.taipeitimes.com/News/editorials/archives/2009/11/11/2003458164

    Nature has answers to problems (13 December 2009)
    http://www.taipeitimes.com/News/editorials/archives/2009/12/13/2003460825

    Taiwan has chance to be a shining example (5 January 2010)
    http://www.taipeitimes.com/News/editorials/archives/2010/01/05/2003462712

    Preserving remote places (26 November 2010)
    http://www.taipeitimes.com/News/editorials/archives/2010/11/26/2003489438/1

    Wonderful Copenhagen (7 December 2010)
    http://www.taipeitimes.com/News/editorials/archives/2010/12/07/2003490295

    Saving biodiversity (14 February 2011)
    http://www.taipeitimes.com/News/editorials/archives/2011/02/14/2003495826

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