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„Taiwan heute“ ist tot, es lebe taiwanheute.tw

Taiwan Heute letztes Heft

Warum diese Zeitschrift nicht spannend, aber wichtig war

Vielleicht haben Sie es mitbekommen: Eine Taiwan-Ära auf Deutsch ist dieses Jahr zu Ende gegangen. Die Zeitschrift „Taiwan heute“, herausgegeben von der Regierung in Taipeh, gibt es nicht mehr.

2014-12-22 18.48.06

Über 25 Jahre lang hatte „Taiwan heute“ über alle Aspekte des Lebens in Taiwan berichtet, wahrscheinlich ausführlicher als jede andere deutschsprachige Publikation.

  • 1988 wurde sie vom damaligen Regierungsinformationsamt (Government Information Office, GIO) als „Freies China“ gegründet. Mit der Demokratisierung in Taiwan war es damals noch nicht weit her, das Kriegsrecht war gerade erst aufgehoben worden.
  • Von 2000 bis 2002, Taiwan war mittlerweile eine Demokratie und hatte eine neue Regierungspartei, hieß die Zeitschrift „Taipeh heute“, seit 2002 schließlich „Taiwan heute“. (Wikipedia)
  • 2012 wurde das GIO aufgelöst, „Taiwan heute“ wanderte in die Zuständigkeit des Außenministeriums. Und das hat nun den Stecker gezogen.

Taiwan Heute Mitteilung

Keine stumpfe Regierungs-Propaganda

Zumindest, seit ich die Zeitschrift kenne, war sie kein reines Propaganda-Sprachrohr der Regierung, sondern durchaus bemüht um eine differenzierte Darstellung von Taiwan und seiner Gesellschaft.

Als ich mich 2007 auf meine erste Taiwan-Reise vorbereitete, war „Taiwan heute“ eine meiner ersten Informationsquellen. Die Hefte lagen in der Taipeh-Vertretung in Hamburg aus.

Ich war dankbar für die Informationen. Aber ich fühlte mich auch ein wenig erschlagen von der Informationsflut und Detailtiefe der Beiträge. Dieses Gefühl sollte sich auch in den kommenden Jahren nie ganz verlieren. Für wen war diese Zeitschrift eigentlich primär gedacht? Akademiker, die Taiwan erforschen?

Taiwan Heute letztes Heft

Vermutlich war „Taiwan heute“ von Anfang bis Ende vor allem ein Prestigeprojekt der Regierung und daher eher für Beamte geschrieben als für Leser. Allein dadurch, dass es sie gab, hatte sie ihren Zweck erfüllt.

Zweimal habe ich selbst Texte in „Taiwan heute“ untergebracht. Da war ich natürlich dankbar dafür, dass ich viel Platz hatte, ins Detail zu gehen:

Und für diesen ursprünglich englischen Bericht erzählte ich als einer von mehreren Auslandskorrespondenten über meine Arbeit in Taiwan.

Der größte Schatz ist das Archiv

Dennoch ist das Ende ein Verlust. Denn durch das Netz wurde das Jahrzehnte zurückreichende Archiv gerade wegen der Detailversessenheit der Berichte zu einer Fundgrube, wenn man rückblickend ganz bestimmte Informationen über Politikinitiativen, Ereignisse, Wirtschaftszweige, NGOs oder Führungspersönlichkeiten sucht.

Die gute Nachricht: Das komplette Archiv steht nach wie vor online.

Wer zum Beispiel wissen möchte, was 1996 über Präsident Lee Teng-hui geschrieben wurde, könnte Google befragen nach: site:taiwanheute.nat.gov.tw „lee teng-hui“ 1996

Deutsche Taiwan-News nun online

Statt einer zweimonatlich erscheinenden Print-Zeitschrift gibt es nun eine täglich aktualisierte Website: taiwanheute.tw (Achtung, kein „WWW“)

Dort erscheinen eher tagesaktuelle Berichte, die zum großen Teil von der englischen Regierungs-Website Taiwan Today übersetzt werden. Aber auch in der Zeitschrift waren die meisten Berichte ursprünglich nicht auf Deutsch verfasst worden.

Taiwanheute.tw verbreitet seine Meldungen auch über Facebook. Sogar auf zwei Seiten. Wer sicher gehen will, folgt am besten beiden.

Weil die Seite dort ganz neu eingerichtet wurde, verzeichnet sie derzeit auf niedrigem Niveau beeindruckende Zuwachsraten an „Gefällt mir“-Angaben:

Taiwan Heute Nutzerboom

 

Haben Sie „Taiwan heute“ gelesen? Woran erinnern Sie sich, und empfinden Sie das Ende der Zeitschrift als Verlust?

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

2 Antworten

  1. Sehr, sehr schade. Meiner Meinung nach können Internetseiten nicht mit einem gut gemachten Magazin konkurrieren. Wenn nun mehr tagesaktuelle Nachrichten anstatt Reportagen erscheinen, finde ich das etwas unglücklich.

    Sie meinen, dass die Artikel teils zu detailliert waren. Sicherlich richtig, andererseits fande ich gerade das auch gut. Seichte Nachrichten über Taiwan findet man im Internet ja doch zu Genüge. Und wenn es dann doch einmal längere Artikel gibt (ich erinnere mich beispielsweise an einen Artikel in der FAZ vor einigen Jahren), besteht die Hälfte des Artikels aus einer Einführung über Taiwan und taiwanische Geschichte. Das ist natürlich für neue Leser wichtig, aber ab einem gewissen Zeitpunkt kennt man diese Einführungen eben.

    Von daher finde ich nicht-wissenschaftliche Artikel, welche aber ein gewisses Vorwissen voraussetzen, doch recht gut. Bestenfalls sollten sie den Lesern einen Zugang zu Taiwan ermöglichen, deren Chinesischkenntnisse nicht vorhanden sind oder zu schlecht sind, um chinesischsprachige Quellen zu nutzen. Und gerade Taiwan heute war da doch genau eine richtige Mischung zwischen grundlegenden Artikeln und wissenschaftlicher Literatur (Das ist allerdings nur mein Eindruck: Ich habe leider nicht viele Ausgaben gelesen).

    1. Hallo Daniel, ja, das kann ich alles nachvollziehen. Auch die Notwendigkeit, in Artikeln den geschichtlichen Hintergrund immer wieder zu erklären…
      Ein Trostpflaster ist vielleicht, dass viele Artikel in „Taiwan heute“ aus den englischen Heften „Taiwan Review“ und „Taiwan Panorama“ übernommen wurden, und die gibt es weiterhin.

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