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Hilfe! Uns geht das Wasser aus

Reifen abspritze auf der Baustelle

Wie kann eine so fruchtbare Insel Wassermangel haben?

Es ist ja nicht so, dass wir in Taiwan unter Trockenheit leiden. Gäbe es keine Menschen, wäre die ganze Insel von dichtem, grünem Wald überzogen. Dafür sorgt das Klima hier an der Grenze zwischen Subtropen und Tropen, vor allem der reichliche Regen.

Regen in Taipeh

In Taipeh haben wir 3000 Millimeter Niederschlag pro Jahr, in meiner niedersächsischen Heimat sind es gerade mal 800 – und die Gegend nennt man „nasses Dreieck“.

Und trotzdem leidet Taiwan gerade unter Wasserknappheit, und das nicht zum ersten Mal. Genauer gesagt geht es um Trinkwasser. Die Regierung steht kurz davor, im Süden des Landes den Wassernotstand auszurufen und das kostbare Nass zu rationieren. (Liste von aktuellen Artikeln)

Das Problem: Es fällt zwar viel Wasser vom Himmel, aber es verschwindet genau so schnell wieder. Der meiste Regen fällt geballt während der Taifun-Saison im Sommer. Aus dem Gebirge fließt das meiste Wasser dann auf direktem Weg ins Meer, während die Flussbetten im Rest das Jahres fast ausgetrocknet sind.

Wushantou Stausee Taiwan

Stauseen schrumpfen

Trinkwasser bezieht Taiwan aus seinen Stauseen. Die aber verlanden mit der Zeit immer mehr, denn aus den Bergen wird ständig Sand und Geröll herabgeschwemmt und sammelt sich in den Reservoirs.

Ein Drittel ihrer Kapazität ist so bereits verloren gegangen, und immer heftigere Erdrutsche als Folge von Abholzungen und Extremwetter beschleunigen den Prozess. Ein Ausbaggern der Seen wäre nur eine teure Sisyphusarbeit. Und Platz für neue Stauseen gibt es auch nicht mehr.

(Former Central Weather Bureau Weather Forecast Center director Daniel Wu) said that the reservoirs could provide water for five or six months 20 years ago, but now they could only meet demand for three months during the dry season. The nation has seen water shortage crises four times in the past five years and the nation should expect the crises to occur more frequently, he said. (Quelle)

Gleichzeitig steigt der Verbrauch. Das liegt zum einen an der Landwirtschaft mit ihren Fischfarmen und ständig gewässerten Reisfeldern. Zum anderen aber auch an der Industrie: Fabriken für Computerchips und LCD-Panels schlucken Unmengen an Wasser. Momentan tendiert die Regierung angesichts der Wasserknappheit dazu, zuerst den Bauern den Hahn zuzudrehen, nicht der Industrie, denn die gilt als volkswirtschaftlich wichtiger.

Viele Landwirte und auch Fabriken bedienen sich in so einer Situation am Grundwasser. Illegale Bohrungen sind weit verbreitet. Die Folge: In einigen Regionen sackt das Land großflächig ab. Sogar Taiwans auf Betonstelzen gebaute Hochgeschwindigkeitsbahn könnte dadurch bedroht sein. Der Film „Taiwan von oben“ zeigt sehr eindrucksvoll, wie ganze Landstriche wieder vom Meer überschwemmt werden.

Plakat: Wasser sparen in Taiwan

Wo ansetzen? Eine sinnvolle Methode könnte es sein, Abwasser so weit zu reinigen, dass man es zumindest in der Industrie anstelle von Trinkwasser einsetzen könnte. Mehr dazu in diesem interessanten Bericht.

Rohrleitungen sind undicht

Gleichzeitig wird fleißig weiter Wasser verschwendet. Viel versickert in alten Leitungsnetzen, die großenteils noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammen.

More than 22 percent of the water piped around Taiwan leaks away, higher than the world average of 18 percent (Japan’s rate is only 7 percent). (Quelle)

Reifen abspritze auf der Baustelle

Besonders wundert mich, was auf Baustellen in der Stadt passiert: Da stehen an der Ausfahrt Arbeiter mit ständig aufgedrehtem Wasserschlauch und haben keine andere Aufgabe, als die Reifen der ausfahrenden LKW abzuspritzen. Staub und Dreck sollen so von den Straßen fern gehalten werden. (Video)

Just let it flow (video)

I am just glad nobody is wasting precious water in Taiwan. *irony off*

Posted by taiwanreporter on Wednesday, May 9, 2012

Wasser ist zu billig

Außerdem hält die Regierung den Wasserpreis bewusst niedrig. Etwa 25 Cent pro Kubikmeter (1000 Liter) zahlen Taiwaner, weniger als die Hälfte des Preises in meiner ländlichen Heimat in Niedersachsen – und der ist im deutschen Vergleich schon extrem günstig. „Taiwans Verbraucher und Industrie dürfen nicht übermäßig belastet werden“, so heißt es gern.

So geht die Verschwendung weiter, bis die Probleme eines Tages zu groß werden.

Und was dann?

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

4 Antworten

  1. Das Problem der Energier- und Wasserversorgung in Taiwan liegt auch teilweise im Verständnis der Bevölkerung. Bei einem Preis von ca. 0,25 €/m³kann man natürlich keine ausreichende Wasserversorgung bereitstellen (bei uns in D. zahle ich z.Zt. mit Wasser und Abwasser ca. 2,20 €/m³). Das gleiche ist mit den Strom: auf mein Fragen warum man eigentlich kein Isolierfenster einbaut um z.B. im Sommer durch die Isolation die Wärme „aussperrt“ und so Strom für die A/C spart, bekomme ich zur Antwort, dass der Strom ja billig sei und dies nicht so zu Buche schlägt(TW: 0,10 €/kw/h(?), D.: ca. 0,30 €/ Kw/h.) Gerade in Taiwan wären Entsalzungsanlagen sinnvoll (wenn auch teuer,) um ein ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten. Wenn man die Ausgaben für das Militär sieht, sieht man aber wo die Prioritäten sind.

  2. Es hat mich ganz schön schockiert, als mich gestern eine taiwanische Freundin angeschrieben hat, dass bei ihr in Taoyuan das Wasser abgestellt worden sei. Sie könne nun Mittwochs und Donnerstags nicht mal mehr Duschen. Diese Vorstellung finde ich ganz schon furchtbar, denn bei mangelnder Hygiene kommen schnell Krankheiten.

    So geht die Verschwendung weiter, bis die Probleme eines Tages zu groß werden.

    Und was dann?

    Taiwan ist nicht der einzige Fleck Erde mit Wassermangel. Hier in Europa hat zum Beispiel die Insel Mallorca bedingt durch den Tourismus starke Versorgungsprobleme. Wasser wird hier durch Versorgungsschiffe vom spanischen Festland zur Verfügung gestellt. Diese Situation ist in Taiwan wohl eher nicht zielführend, da ja leider der China-Taiwan Konflikt existiert. Außerdem laufen chinesische Städte wie Schanghai ebenfalls trocken und China hat hier auch ein eigenes großes zu lösendes Problem.

    Bleiben nur teure Meeresentsalzungsanlagen, die sehr viel Energie benötigen. Oder aber man schafft es durch neue Technologien das Wasser der Taifune im Sommer nutzbar zu machen.

    Kurzfristig gibt es wohl nur eine Möglichkeit: Wasser rationieren und illegale Bohrungen unter Strafe zu stellen.

    Abschließend möchte ich betonen, dass mich diese Nachricht von meiner Taiwanischen Freundin sehr schockiert hat. Eine derartige Situation ist für uns Festland Europäer aus dem deutschsprachigen Raum doch eher Unvorstellbar.

    1. Taiwan könnte sicherlich von, z.B., Singapur lernen. Die müssen sich ja auch Gedanken machen, um nicht von Wasser aus Malaysia abhängig zu sein.

      Ein paar interessante Ansätze finden sich auch hier: http://buzzorange.com/global/2015/04/07/innovation-could-save-taiwan-of-future-water-droughts/?hc_location=ufi

      Und ein Aufsatz, den ich aber noch nicht gelesen habe: http://en.aswc.asia/proceedings/tei_jp.pdf?hc_location=ufi

      Was das Duschen angeht: Dann muss sie wohl ein paar Eimer zur Seite stellen, und Katzenwäsche ist angesagt.

      Sie kann sich ja beim Chef dieser Kollegen hier bedanken: https://www.facebook.com/video.php?v=409648912399522&theater

      So ist es, wenn es den Leuten nicht erst dreckig genug geht, wird sich nichts ändern. Leider.

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