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Die wundersame und knallbunte Sage von Taiwans Regenbogen-Dorf (echt wahr!)

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Das ist Kunst, das kann nicht weg

Im Krieg hat er auf Japaner geschossen, heute besuchen sie ihn als Touristen. Er war sein Leben lang Soldat, doch sein Zuhause rettete er mit Farbe und Phantasie. Er heißt Huang Yong-fu, aber alle nennen ihn nur „Regenbogen-Opi“.

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Je länger ich in Taiwan lebe, desto mehr staune ich darüber, wie viele unglaublich interessante alte Menschen hier leben.

Vielleicht liegt es nur daran, dass ich als Journalist gezielt nach starken Geschichten suche, vielleicht haben Taiwans Über-Achtzigjährige aber auch wirklich ungewöhnlich bewegte Zeiten erlebt. Und vielleicht liegt es am guten Essen, frühen Aufstehen und an regelmäßiger Bewegung (Tai-Chi im Park in aller Hergottsfrühe), dass viele von ihnen im hohen Alter wacher und reger wirken als so mancher neonlichtgeschädigte Büroangestellte.

Mehr lesen: Von wegen altes Eisen – Taiwans lebenslustige Alte

Herr Huang ist so ein Paradebeispiel. Wir haben ihn neulich mit einem ARD-Team besucht und einen Beitrag über ihn gedreht, für den ARD Weltspiegel.

(Nachtrag: Beitrag ausgestrahlt am 20. März 2016 und auch online zu sehen.)

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Huang ist der letzte verbliebene Bewohner einer alten Militärsiedlung vor den Toren der Millionenstadt Taichung. Früher lebten hier 1200 Familien. Heute wohnt der 91-Jährige in einem von nur noch elf Häusern.

Dass sie nicht auch abgerissen wurden, sondern als Touristenattraktion jährlich mehr als eine Million Besucher anlocken, ist die größte Tat des alten Soldaten.

Lesetipp: Wie ARD und ZDF von der Taiwan-Wahl berichteten

Geboren 1924 in der Nähe von Hongkong, meldete Huang sich freiwillig zum Kampf gegen Japaner und Kommunisten und floh 1949 mit den Resten von Chiang Kai-sheks nationalchinesischer Armee nach Taiwan. Weil sie hier kein Zuhause hatten, kamen viele Soldaten in rasch hochgezogenen Militärsiedlungen unter.

1979 wurde der Unteroffizier pensioniert und arbeitete dann noch ein paar Jahre als Pförtner für eine Universität um die Ecke.

Abriss war beschlossen

Jetzt ein Sprung ins Jahr 2010. Die alte Siedlung ist heruntergekommen und verfällt, die Stadtregierung gibt den Bewohnern Geld, damit sie freiwillig das Feld räumen. Der Abriss ist beschlossene Sache, als Huang, schon weit über 80, eines Tages zum Pinsel greift.

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Vielleicht will er nur ein Lebenszeichen hinterlassen, vielleicht bricht eine lebenslang verborgene Kreativität sich Bahn.

Jedenfalls beginnt er zu malen. Zunächst in seinem Zimmer, dann vor der Haustür, schließlich in den Gassen rundherum.

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Er malt und malt, und wer seine Werke sieht, versteht sofort, warum er für alle nur noch der Regenbogen-Opi ist.

Farben wie aus der Phantasie eines Kindes

Knalliges Rot. Strahlendes Blau. Leuchtendes Gelb. Das sind seine Lieblingsfarben. Gesichter und Ornamente, Fabelwesen und andere Figuren schmücken jeden freien Fleck. Sie könnten der Phantasie eines Kindes entsprungen sein, und sie zeigen große künstlerische Ausdruckskraft.

Er malt Katzen und Fratzen, er malt Bruce Lee und seine Lieblingsstars aus dem Fernsehen, und er hört einfach nicht mehr auf.

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Was er nie geplant hatte, passiert: Zuerst entdecken Studenten der Universität, wo er gearbeitet hatte, seine Malereien. Über Facebook & Co. verbreiten sich die Bilder überallhin.

Menschen reisen an, um diesen sonderbaren Ort zu sehen. Es werden immer mehr. So viele, dass die Stadtverwaltung dem Druck nachgibt und entscheidet: Das bleibt stehen.

Er macht die Siedlung zur Touristenattraktion

So ist Taiwan heute um eine Touristenattraktion reicher, und Huangs Leben ist auf seine alten Tage noch mal richtig abwechslungsreich geworden. Besucher strömen in die mittlerweile zum Kulturpark erklärten Gassen.

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Reporter und Kamerateams geben sich die Klinke in die Hand, aus Japan, Hongkong, Singapur, und nun auch aus Deutschland.

Besuch mit Kamera mitten in der Nacht

Als wir um drei Uhr in der Früh auftauchen, brennt schon Licht. Wie jede Nacht, wenn es ruhig und kühl ist, greift der Regenbogen-Opi zu Pinsel und Farbe, bessert seine Werke aus, zieht hier eine Linie nach, tupft dort ein paar neue Kleckse hinzu.

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Später, als die Touristen kommen, sitzt er im Schatten hinter einem Tisch mit Postkarten seiner Werke und schaut sich alles an. Er wirkt zufrieden.

Gegen 13 Uhr legt er sich dann erstmal hin. Ausruhen, Kraft sammeln.

Weitermachen.

Taichung Rainbow Village (彩虹眷村): Homepageenglischer Blogpost

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

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