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Asyl, Kurzsichtigkeit, China: So kommt Taiwan ins deutsche Fernsehen

Jpeg

ARD-Dreharbeiten in Taiwan, 2018 Edition

Es war mal wieder so weit! Ich habe ein ARD-Team nach Taiwan gelotst, und wir haben einige Beiträge gedreht. Inzwischen wurden sie ausgestrahlt. Es geht um Asyl für eine chinesische Dissidentin, die Kurzsichtigkeits-Epidemie, und um die richtigen Reaktionen auf Chinas Druck.

Von Haus aus bin ich ja selbst Fernsehreporter und NDR-sozialisiert. Deswegen freut es mich immer besonders, wenn ich auch in Taiwan mit den alten Kollegen zusammenarbeiten kann – und natürlich etwas Aufmerksamkeit für Taiwan schaffen.

Seit einigen Jahren betreue ich regelmäßig die Teams vom ARD-Studio Tokio, das auch für Taiwan zuständig ist. Ich halte sie auf dem Laufenden, schlage Themen vor, und wenn es konkret wird, organisiere ich Interviewpartner und Drehorte und begleite die Dreharbeiten. Da ist ganz schön viel Abstimmungsarbeit nötig.

Jetzt lesen: Vier Themen, die wir 2017 ins Fernsehen brachten (englisch)

Mit der Endfertigung (Schnitt, Text) habe ich dann so gut wie nichts mehr zu tun, aber trotzdem bin ich auch immer ein bisschen stolz, wenn so ein Beitrag es dann wieder in den Weltspiegel oder eine andere Sendung schafft.

Hier sind die drei Themen, die dieses Mal dran waren:

Asyl in Taiwan: Chinesische Dissidentin auf der Flucht

Huang Yan (黃燕) ist eine tapfere Frau, aber als wir sie treffen, geht es ihr nicht gut. Seit Monaten ist die Chinesin auf der Flucht, kann überall nur ein paar Wochen oder Monate bleiben. Sie macht sich Sorgen um ihren Mann, den sie in China zurücklassen musste. Und sie ist traumatisiert von der Verfolgung und den Misshandlungen, die sie dort erlitten hat.

Seit sie vor einigen Jahren begann, Menschenrechtsanwälte wie Gao Zhisheng zu unterstützen, machte man ihr das Leben zur Hölle. Sie wurde verschleppt, verprügelt, erlitt eine Fehlgeburt – aber offiziell angeklagt hat man sie nie. Wenn durch die Fotos auf ihrem Handy blättert, muss sie oft weinen.

Nun hat sie Asyl gefunden, in einer Kirchengemeinde in der Nähe von Taipeh. Man kümmert sich um sie, versucht ihr Halt zu geben. Doch auch hier kann sie nicht wirklich zur Ruhe kommen, denn Taiwans Regierung hat ihr gerade mal drei Monate Asyl in Aussicht gestellt.

Taiwan hat kein Flüchtlingsgesetz

Huang ist vom UNHCR offiziell als Flüchtling anerkannt. Taiwan aber ist kein UN-Mitglied und hat kein Flüchtlingsgesetz. Auch die Aufnahme chinesischer Dissidenten ist alles andere als ein Automatismus.

Wieso öffnet Taiwan sich nicht weiter für Menschen, die in China politisch verfolgt werden? ARD-Korrespondentin Annette Dittert (@annettedittert auf Twitter) hat dazu auch Taiwans Außenminister Joseph Wu befragt.

Wir hatten einen hochoffiziellen Gesprächstermin im Ministerium, der nicht ganz leicht zu organisieren war. Am Ende hat aber alles geklappt.

Noch einige Links:

Kurzsichtigkeit: Lernen, bis die Augen streiken

(Video, Informationen beim Weltspiegel)

Kurzsichtigkeit ist ein Volksleiden in Taiwan. Nur in anderen ostasiatischen Gesellschaften wie Hongkong oder Singapur ist die Lage ähnlich ernst. Es ist ein Problem, das in der Kindheit beginnt, wenn das Auge noch wächst. Bis zu 90 Prozent der Taiwaner sind kurzsichtig, wenn sie die Schule verlassen. Jeder Vierte von ihnen sogar hochgradig kurzsichtig, was das Risiko von schweren Augenschäden erhöht.

Die Entfernung ist entscheidend

Die Gründe dafür sind nicht genetisch, sondern vor allem in den Kindergärten, Schulen und Paukschulen (buxiban) zu finden: Langes Starren auf kurze Entfernung lässt den Augapfel zu sehr in die Länge wachsen. Ein Mangel an Sonnenlichtkommt dazu. Endloses Auswendiglernen in Klassenzimmern ist also Gift für junge Augen.

Auch in Deutschland starren immer jüngere Kinder immer länger auf Tablets und Smartphones. Das Problem wird also zunehmen. Eltern sollten hellhörig werden. Was können wir aus Taiwans Erfahrungen lernen? Forscher hier haben schon wichtige Erkenntnisse gewonnen.

Wir drehten u.a. in der Jiangcui High School in New Taipei City. Hier sind die Lehrer schon sensibilisiert und versuchen, den Unterrichtsalltag augenfreundlicher zu gestalten. Dabei treffen sie oft auf Widerstände der Eltern, für die gute Noten nach wie vor alleroberste Priorität haben.

Und wir trafen Russ Kan, der vor einigen Jahren erblindete. Nun macht der ehemalige IT-Spezialist mit Vorträgen andere Taiwaner darauf aufmerksam, wie kostbar das Augenlicht ist – und was sie tun könnten, um es zu schützen.

Mehr Informationen:

Freddy Lim und Chinas Drohungen: Die Insel auf dem Pulverfass

(Video, Informationen beim Weltspiegel)

Militärische Drohgebärden, diplomatische Demütigungen, Einfluss auf internationale Konzerne (wie Lufthansa) – China versucht nicht einmal mehr, seine Schikanen gegen Taiwan hinter einen Fassade der Vernunft zu verbergen. Allerhöchste Zeit also, dass sich auch der ARD-Weltspiegel diesem Thema widmete.

Für unseren Beitrag redeten wir neben Außenminister Joseph Wu (s.o.) auch mit Militärveteranen, die den Kurs von Taiwans Regierung für zu riskant halten – man dürfe China nicht zu sehr provozieren, sagen sie.

Und auf dem anderen Ende des politischen Spektrums trafen wir Freddy Lim, Metal-Star, Gründer der New Power Party (NPP) und seit auch schon zweieinhalb Jahren Abgeordneter in Taiwans Parlament.

Jetzt lesen: Mein Blogbeitrag über Freddy Lim und die NPP

Die bevorstehenden Regionalwahlen am 24. November werden zeigen, ob die NPP sich als dritte Kraft in Taiwans Parteiensystem etablieren kann – oder ob ihr Erfolg bei den Parlamentswahlen 2016, als sie mit fünf Abgeordneten ins Parlament einzog, eine Episode bleibt. Einige Kandidaten müsste sie schon in Regionalparlamente und Stadträte bringen. Die Veranstaltung, die kurz in dem ARD-Beitrag gezeigt wird, diente zur Vorstellung lokaler NPP-Kandidaten.

Dokumentarfilm „Metal Politics Taiwan“

Für den Einstieg in den Beitrag griff die Kollegin auf Konzertmaterial zurück, das der Berliner Dokumentarfilmer Marco Wilms für seinen Film „Metal Politics Taiwan“ gedreht hatte. Auch dieser Film, eine Langzeitbegleitung Freddy Lims, ist inzwischen fertig und wurde schon in Taipeh, Hamburg und Berlin gezeigt. Wer eine Vorführung in seiner Stadt organisieren möchte, kann sich direkt an den Regisseur wenden.

Im Wilms‘ Film findet sich übrigens auch Material, das ich für einen 3sat-Fernsehbeitrag über Lim 2015 im Wahlkampf gedreht hatte.

So, das war also dreimal Taiwan im deutschen Fernsehen. Der erste Beitrag lief in der NDR-Sendung Weltbilder, die anderen beiden im Weltspiegel.

Bitte teilen Sie fleißig die Links und Videos, damit die Mühe sich auch gelohnt hat.

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

Eine Antwort

  1. Mecker am Rande: Premierministerin ist die Präsidentin ja nicht.
    Aber jeder informative Bericht hilft und es ist gut, dass Wu den Zuschauern deutlich macht, dass Taiwans Freiheit und humanitäre Politik nicht nur von dieser Insel selbst abhängt, sondern von Demokraten weltweit.

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